Aus BNN, 21.01.06
Zählt der Bürgerwille nicht
Dammerstock-Weiherfeld: Beim Thema Einbahnstraßen kochten erneut Emotionen
hoch
mjo. Im Gemeindesaal St. Franziskus war am Donnerstagabend so gut wie kein
Platz mehr zu haben. Schon allein daran konnte man sehen, wie wichtig den
Bürgerinnen und Bürgern von Weiherfeld und Dammerstock die Bürgerversammlung
war. Schwerwiegende Themen des Stadtteils standen auf der Agenda, Reizthema war
die aktuelle Straßenverkehrsfrage mit der teilweisen Aufhebung der
Einbahnstraßen im Wohngebiet. Die Emotionen gingen hoch, denn die Anwohner
können, wie aus den vielen Wortbeiträgen zu hören war, beim besten Willen keine
Notwendigkeit für die Maßnahme erkennen.
Oberbürgermeister
Heinz Fenrich erklärte gleich zu Beginn der Veranstaltung, dass die untere
Verwaltungsbehörde, das Amt für Bürgerservice und Sicherheit (BuS), als
Dienststelle der Stadt rechtliche Vorgaben umsetzen müsse, „ob es uns gefällt
oder nicht". Der Bürgervereinsvorsitzende von Weiherfeld-Dammerstock, Professor
Dr. Lothar Werner, fragte: „Zählt der klare Bürgerwille gar nicht?" 25 Jahre
lang sei im Stadtteil alles wunderbar gelaufen. Der Bürgerverein habe ein
Rechtsgutachten von einem Karlsruher Anwaltsbüro erstellen lassen, aus dem zu ersehen
sei, das BuS die Aufhebung der Einbahnstraßen nicht allein mit der Breite der
Fahrbahn begründen dürfe. Vielmehr sei eine umfassende Ermessensentscheidung
notwendig, auch das Vertrauen der Anwohner auf die bisherige Regelung sei zu
berücksichtigen. An Dieter Behnle, den Chef der BuS-Behörde, richtete Werner die
Frage: „Könnte BuS nicht auch im Sinne des überwältigenden Bürgerwillens
entscheiden?"
Laut Behnle ist nach individueller Prüfung aller Einbahnstraßen vor Ort auf
Fahrbahnbreite, Ausweichmöglichkeit und Parkdruck folgende Entscheidung
gefallen: Im Weiherfeld werden alle Einbahnstraße aufgehoben. Das Gleiche gilt
für Dammerstock Nord, nördlich der Nürnberger Straße. In Dammerstock Süd werden
die Einbahnstraßen für den Radfahrverkehr in Gegenrichtung geöffnet. „Wir müssen
zum Schutz der Radfahrer, von denen die meisten gegen die Fahrtrichtung fahren,
tätig werden", sagte Behnle. Nach Ablauf eines Jahres werde eine eingehende
Analyse erfolgen. Das quittierten die Bürger mit lautem Buhrufen.
Anwohner Dr. Eberhard Ziegler hielt Amtschef Behnle eine
Verwaltungsverordnung
des Regierungspräsidiums entgegen, wonach die Einrichtung von Einbahnstraßen
sogar erwünscht sei, weil es die Sicherheit fördere und Parkraum schaffe.
Daraufhin gingen die Wogen wieder hoch, bis Fenrich versprach, die Angelegenheit
zur Chefsache zu erheben. Er wolle in Gesprächen mit Fachleuten Teil finden,
finden, um in dieser so weit reichenden Entscheidung eine annehmbar hohe
Akzeptanz zu erreichen. „Wir wollen etwas hinbekommen, womit alle leben können."
Den Bürgervereinsvorsitzenden bat er darum, das Rechtsgutachten zur Verfügung zu
stellen.
Im weiteren Verlauf der Bürgerversammlung ging es unter anderem um die
Verkehrssituation auf dem Scheibenhardter Weg und auf dem „Sonnenwegle" beim
Rüppurrer Freibad sowie um die Lärmbelästigung bei Festen auf dem Rüppurrer
Festplatz.
(Fotos: Hille-Döring)
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