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BNN: Mini Lärmschutzwände

(aus BNN, 08.02.2011)

Die Hoffnung ruht auf der Mini-Lärmschutzwand

Schienenverkehr beschäftigt Karlsruher Abgeordnete

Von unserem Redaktionsmitglied Kirsten Etzold

Von quälendem Lärm von der Schiene können viele Karlsruher ein Lied singen. Wer an einem der Gleisstränge wohnt, die das Stadtgebiet kreuz und quer durchziehen, fühlt sich oft empfindlich gestört - entgegen der Tatsache, dass Verkehrsexperten einen  „Schienenbonus" berechnen, weil sie Lärm als weniger belastend einstufen, wenn er vom Gleis stammt und nicht von der Straße. Knapp sieben Wochen vor der Landtagswahl bringen jetzt zwei Karlsruher Landtagsabgeordnete neue Fakten auf den Tisch. (Siehe auch Kommentar und Stichwort.)

Der Abgeordnete Johannes Stober (SPD) regt beim Verkehrsministerium in Stuttgart an, Mini-Schallschutzwände für Karlsruher Strecken in Betracht zu ziehen.

Neue, nur 30 Zentimeter hohe Schallschutzwände könnten Schienenlärm direkt an der Quelle eindämmen und würden auch Landschafts- und Artenschutz gerecht, so Stober. Bisherige Lärmschutzwände und -wälle seien nicht nur städtebaulich problematisch, sondern auch Hürden in der Biotopvernetzung.

Bei Bonn werden demnächst für eine Testphase niedrige Lärmschutzwände in Höhe der Radkästen direkt neben Gleisen am Mittelrhein gebaut. Das Pilotprojekt werde das Jahr 2011 umfassen, berichtet auf BNN-Anfrage ein Sprecher der Deutsche-Bahn-Tochter DB Mobility
Logistics. Mit der Auswertung der Ergebnisse sei im Frühjahr 2012 zu rechnen.

Von der „Einhausung von Gleisen bis zur Schienenoberkante" verspricht sich das Bundesverkehrsministerium schon seit 1998 nützliche Effekte. 2008 regte die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) ebenfalls ein Pilotprojekt mit einer Mini-Lärmschutzwand an - eine Straßenbahntrasse in Karlsruhe sollte Testobjekt sein. Konkretisiert wurde das laut Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) nicht. Interessant sei jetzt auch, was Bau und Unterhalt der Miniaturwände kosten, so Stober.

Die Landtagsabgeordnete Gisela Splett (Grüne) hat aktuelle Zahlen zum Bahnverkehr in Karlsruhe. Der Ausbau der Rheintalbahn und das wachsende Verkehrsaufkommen auf der Schiene erforderten verstärkte Anstrengungen für den Lärmschutz in Karlsruhe, sagt die Grünen-Parlamentarierin. Beispiel für den absehbaren Zuwachs sind die beiden Gleisstränge zwischen Karlsruhe und Rastatt.

Das Landesverkehrsministerium listet Zahlender Deutschen Bahn (DB) als Antwort auf eine Anfrage der Grünen im Landtag auf: Die Strecke über Muggensturm befahren aktuell bei Tag 74 Güterzüge, 67 Nah- und 20 Fernverkehrszüge.

Nachts rollen dort 75 Güterzüge, zwölf Fern- und sechs Nahverkehrszüge. Prognostiziert fürs Jahr 2025 sind bei Tag sogar 166 Güterzüge und 128 Nahverkehrszüge, bei Nacht immer noch 81 Güterund 16 Nahverkehrszüge. Via Durmersheim rollen derzeit bei Tag 90 Nahverkehrs-, 42 Güter- und 50 Fernverkehrszüge. Nachts sind es 19 Nah-, 14 Güter- und fünf Fernverkehrszüge. Die Prognose für 2025 listet bei Tag je 64 Güter- und Nahverkehrszüge auf, bei Nacht weitere 66 Güterzüge und acht Züge des Nahverkehrs. Zum Fernverkehr im Jahr 2025 auf den Strecken gibt es keine Angaben.

Bemerkenswert ist die vorhergesagte starke Zunahme nächtlichen Güterverkehrs. Gerade in der Erholungsphase - am Feierabend und ganz besonders in der Nacht - leiden Anwohner unter durchfahrenden, ratternden oder quietschend bremsenden Züge, wie auch Leserbriefe an die BNN immer wieder belegen.

 

Hoffnungsträger

Eine bestechende Idee, direkt am Gleis den Lärm abzufangen, der im Kontakt von Rad und Schiene entsteht: Geringer Aufwand für nicht einmal kniehohe Lärmschutzwände, niedrige Kosten, kein verschandeltes Stadtbilds, das sind unstreitig Pluspunkte. Sie werden vor allem Anwohner an Karlsruher Gleisstrecken überzeugen, die seit langem hoffen, dass ihre Lärmbelastung endlich einmal reduziert wird, statt immer weiter zu wachsen.
Ob die technische Konstruktion der Mini-Lärmschutzwand ,wirklich ein Hoffnungsträger ist und die Erwartungen lärmgeplagter Betroffener erfüllt, bleibt abzuwarten. An dem Konzept wird ja seit mehr als zehn Jahren ergebnislos herumgetüftelt. Doch der Wind hat sich gedreht. Der Test an einer stark frequentierten Strecke der Deutschen Bahn im Rheintal startet nicht zufällig ausgerechnet jetzt. Die Anforderungen an den Lärmschutz steigen - zwar nicht parallel zur Zahl der Personenzüge und vor allem der Gütertransporte, doch erkennbar. Der Schutz der Menschen vor krank machendem Lärm rückt politisch schrittweise in den Vordergrund. Kirsten Etzold
 

"Stichwort Schienenbonus"

Weil Menschen Lärm von der Schiene im Vergleich zum Straßenverkehrslärm als weniger lästig empfänden, ziehen Verkehrsplaner bei der Beurteilung der Belastung von Anwohnern einen „Schienenbonus" in Höhe von fünf Dezibel vom gemittelten Messpegel ab.
Hauptlärmquellen bei Schienenfahrzeugen sind neben den Geräuschen von Motoren, die bis Tempo 70 überwiegen, die Rollgeräusche auf den Gleisen sowie das Kreischen in Kurven. ke