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Gemeinderatsbeschluss

Aus BNN vom 26.9.2002

Regierungspräsidium untersagt Subventionen

Lebensmittelversorgung für Gemeinderat "harte Nuss"

Einige Stadtteile unterversorgt / SPD sieht Notstand

Von unserem Redaktionsmitglied Günther Kopp

Als "sozialen Notstand", vergleichbar mit der Wohnungsnot, sieht der Vorsitzende der SPD-Gemeinderatsfraktion, Dr. Heinrich Maul, die in einigen Stadtteilen sich dramatisch verschlechternde Lebensmittelversorgung. Die Stadt müsse alles tun, um ein wohnortnahes Lebensmittelangebot zu halten beziehungsweise neu zu schaffen, forderte er im Gemeinderat. Da dürften auch eine Anschubfinanzierung oder eine laufende Unterstützung nicht tabu sein. Doch da hat das Regierungspräsidium etwas dagegen, wie der Fraktionschef von FDP/Aufbruch, Michael Obert, richtig vermutete. Einzelbetriebliche Förderung wäre "eine Sünde", sagte Frank Geißler, stellvertretender Leiter des Kommunalreferats beim Regierungspräsidium. Die Ministerien seien da sehr restriktiv. Die Stadt könnte allenfalls bei den flankierenden Rahmenbedingungen, wie etwa der Schaffung von öffentlichem Parkraum, eingreifen (siehe auch Kommentar).
Es verging in den vergangenen Monaten keine Sitzung des Ausschusses für Wirtschaftsförderung, in der nicht über die wohnortnahe Lebensmittelversorgung diskutiert wurde. Aber große Erfolge sind in den unterversorgten Stadtteilen bisher nicht zu vermelden. "Die Verbraucher geben aber der Politik, also uns, die Schuld an der schlechten Versorgungssituation", sagt SPD-Fraktionschef Maul.
Die Stadtverwaltung arbeite in Weiherfeld/Dammerstock und in Oberreut konkret an Lösungen, betont Wirtschaftsbürgermeister Manfred Groh. In den übrigen unterversorgten Stadtteilen sei die Verwaltung um Verbesserungen bemüht. Die Schuld an der Misere sei das Verbraucherverhalten der Deutschen, die beim Einkauf vor allem auf den Preis achteten, heißt es in einem Papier der Stadtverwaltung. Da die Gewinnspannen. im Lebensmitteleinzelhandel sehr gering seien, strebten die Firmen immer größere Märkte an und verbesserten damit ihre Wirtschaftlichkeit. Die kleineren Märkte blieben dabei auf der Strecke. Bürgermeister Groh nimmt daher die Bürger in die Pflicht. Auch der bestgeführte Laden könne auf Dauer nicht überleben, wenn er nur zum Einkaufen "vergessener" Artikel diene. Eine Subventionierung komme nicht nur aus rechtlichen Gründen nicht in Frage, der Stadt fehle dazu auch schlicht das Geld. Die Gesellschaft denke nicht daran, dass sie älter und weniger mobil werde, wundert sich CDU-Stadtrat Günther Rüssel. Er hält nichts davon, dass sich die Fraktionen bei diesem Thema gegenseitig kritisieren. Wenn, dann könne dieses Problem nur gemeinsam bewältigt werden. Stadtrat Detlef Wilser (FDP/A) sieht dagegen für die Zukunft gar nicht so schwarz. Gerade weil die Gesellschaft älter werde und zunehmend weniger Leute in die großen Supermärkte fahren könnten, kämen in einigen Jahren die kleineren Lebensmittelläden mit 500 bis 600 Quadratmeter Fläche in die Stadtteile zurück, so seine These. Der SPD sei aber an einer schnellen Lösung gelegen, so Stadtrat Hans Pfalzgraf. Sein
Vorschlag: Wenn ein Unternehmen einen Markt in guter Lage genehmigt bekomme, sollte darauf hingewirkt werden, dass es auch einen in weniger guter Lage eröffne.
Das habe nichts mit Erpressung zu tun. Die Stadt müsse offen mit den Firmen reden. Und sie müsse bei der Auslegung von Vorschriften etwas großzügiger werden. Die Grünen setzen eher auf rollende Märkte und auf Bestellservice, um aus der Versorgungsmisere heraus zu kommen. Wenn gebaut werde und etwas schief gehe, schauten einen nicht gleich große Gebäude mit leeren Schaufenstern an, meint Stadtrat Klaus Stapf. Vom Vorschlag der SPD, die städtischen Arbeitsförderungsbetriebe für das Betreiben von Lebensmittelgeschäften heranzuziehen, hält man im Rathaus nichts. Bleibt am Schluss vermutlich ein weiterer Runder Tisch, wie ihn die SPD angeregt hat. An dem sollen Stadtverwaltung, .Bürgervereine und von Fall " zu Fall auch Handelsunternehmen diskutieren. Im Wirtschaftsförderungsausschuss soll der Vorschlag besprochen werden.

 

Kommentar:

Kaum Einfluss

Die Rufe aus den Stadtteilen mit schlechter Lebensmittelversorgung nach städtischer Abhilfe werden lauter. Die Bürgerversammlung in Dammerstock-Weiherfeld vor einigen Wochen, in der die Politik für die schlechte Versorgungssituation verantwortlich gemacht wurde, steckt den Fraktionen noch in den Knochen. Die SPD hat nun mit einem Antrag, der Bewegung in das seit Monaten stagnierende Thema bringen sollte, dafür gesorgt, dass die Lebensmittelversorgung erstmals im Gemeinderat diskutiert wurde. Doch die Bewegung bestand eher in einem Sich-im-Kreis-Drehen. Denn die Möglichkeiten einer Stadt, auf den Handel einzuwirken, sind minimal.
Als SPD-Fraktionschef Heinrich Maul Subventionen für den Betrieb einzelner Märkte ins Gespräch brachte, erntete von seinem FDP-Kollegen Michael Obert und von Wirtschaftsbürgermeister Manfred Groh Widerspruch, der vom. Regierungspräsidium unterstrichen wurde. Wenn die Stadt aus Gutmütigkeit einmal den Beutel aufmachen würde, könnte sie sich vor berechtigten Ansprüchen anderer nicht mehr retten. Das weiß auch Heinrich Maul.
Die Kommunen können nicht in die Strukturen des Handels eingreifen, zumal ja der mobile Teil der Bevölkerung mit diesen Strukturen ganz gut lebt. Erfolgversprechender wäre wohl, den Leuten, für die längere Wege zu den Einkaufsläden beschwerlich sind, gezielt zu helfen. Das fängt bei der Nachbarschaftshilfe an. Vielleicht hat das neu geschaffene städtische Aktivbüro eine Idee. Wenn irgendwann mehr Bürger bereit sind, etwas mehr für Le- bensmittel auszugeben, werden die Läden in die Wohngebiete zurückkehren.
Günther Kopp