Home Berichte Termine Links Über uns Forum
Details zur Geschichte

Zur Geschichte des Stadtteils Weiherfeld- Dammerstock

Die Stadtteile Weiherfeld und Dammerstock entstanden in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts. Bis dahin gab es auf dem Gelände links und rechts der Alb nur Äcker und Wiesen Aus den alten Gewannnamen dafür leiten sich auch die Namen für die beiden Stadtteile ab.

Zur alten Gemarkung Rüppurr gehörten der Weiherwald. die Weiherwiesen und die Weiheräcker. Alle diese Namen beziehen sich auf einen ehemals vorhandenen, aber seit Jahrhunderten schon verschwundenen Weiher. der vermutlich dem Kloster Gottesaue gehört hatte. Die früheste Erwähnung spricht 1540 von der "waldt der weyr gen"..

Seit 1913 waren die Weiheräcker, das Gebiet des heutigen Stadtteils Weiherfeld, zur Nutzung vorgesehen. Den Namen Weiherfeld wählte man erst um 1922, als die Bebauung bereits im Gang war. "FeId" erschien als allgemeinerer Begriff geeigneter für ein Wohngebiet als "Äcker".

Der Ursprung des Namens Dammerstock lässt sich noch weiter zurückverfolgen. Um 1100 taucht er in der Form "Dagemarisdung" erstmals schriftlich auf. Sicher ist er noch älter. Er bezeichnete eine kleine Ansiedlung, die zu jener Zeit. dem Kloster Gottesaue gehörte. Die Endung "dung" oder "tung" steht für eine kleine Geländeerhebung. In einem ansonsten sumpfigen Gebiet war dies ein geeigneter Ort für eine Besiedlung und diese ging auf einen gewissen Dagemar zurück. Nach dem 12.Jahrhundtert findet man keinen Hinweis mehr auf die Siedlung . Achthundert Jahre lang gab es dort dann Äcker und Wiesen. Der Name Dagemarisdung machte einige Wandlungen durch. 1535 hieß das Gewann bereits "Dammerstock". Schon damals wusste man wohl nichts mehr von der ursprünglichen Bedeutung des seiner Entstehung nach althochdeutschen Namens.

Bis zum Jahr 1800 gehörte das Gewann zu Rüppurr ging dann aber durch Geländetausch an Beiertheim über .Nach der Eingemeindung von Rüppurr und Beiertheim im Jahre 1907 ergab sich die Möglichkeit, die Stadt nach Süden auszudehnen. Wegen der Nähe des Weiherfeldes zum eigentlichen Stadtgebiet entschloss man sich, dieses Gelände als Wohngebiet

auszuweisen. Für das Zusammenwachsen mit der Innenstadt war dabei die Eisenbahn ein Hindernis. Das wurde später gelegentlich beklagt, kann aber auch als Vorteil gesehen werden, weil das Gebiet dadurch relativ verkehrsberuhigt liegt.

In Karlsruhe ist wie in anderen Großstädten für die bis 1900 erbauten Stadteile eine geschlossene Bauweise mit mehrgeschossigen Gebäuden charakteristisch, wie man sie in der Oststadt oder der Weststadt findet. Bald nach 1900 entstand eine Bewegung, die dafür sorgen wollte, dass auch die Großstadtmensche naturnäher wohnen könnten. In Karlsruhe wurden diese Gedanken sehr früh aufgegriffen, und man begann schon 1907 mit dem Bau der Gartenstadt Rüppurr. Nach Dresden-Hellerau war dies die zweite Gartenstadtsiedlung überhaupt. Etwas ähnliches stellte man sich auch bei der Planung für die Weiheräcker vor.

Die ersten Pläne für die neue Siedlung lagen im August 1913 dem Bezirksamt als zu jener Zeit zuständiger Mittelinstanz zur Genehmigung vor. Nachdem keine Einsprüche erfolgt waren, wurden sie am 20. Januar 1914 durch Beschluss des Bezirksrates genehmigt. Das damals geplante Straßennetz wurde später nur noch geringfügig verändert. Hauptachse war die heutige Neckarstraße. Als weitere Erschließungsstraßen erschienen die Belchen- und die Enzstraße. Verplant war bereits das gesammte Weiherfeld, doch waren südlich der Belchenstraße und nördlich der Dreisamstraße die Baufluchten noch nicht genau festgelegt. Auf zwei Seiten begrenzte der Bahnkörper das Gebiet, die östliche Grenze bildete die Alb. Einzige Verbindung zur Innenstadt war die Weiherfeldstraße, für die man eine großzügige Führung über die Bahnkörper hinweg vorgesehen hatte. Auffällig war auch der merkwürdige, nur historisch erklärbare Grenzverlauf gegenüber Ettlingen. Die Ettlinger Gemarkung umschloss in großem Bogen als schmaler Streifen etwa entlang dem Scheibenhardter Weg, der Donaustraße und der Alb bis in die Höhe der heutigen Acherstraße den größten Teil des Gebietes. Zwar wurde mit Ettlingen bald eine partielle Lösung gefunden, die endgültige Beseitigung der verzwickten Situation gelang aber erst 1977. Eigentümer der Weiheräcker waren vor dem Ersten Weltkrieg zu zwei Dritteln die badische Eisenbahnverwaltung und zu etwa einem Drittel die "Terrain- und Baugesellschaft Südende"

Am 9. Mai 1914 hatte der Bürgerausschuss die Anlage den Dreisam-, Enz-, Main-, Neckar- und Pfinzstraße sowie der Zugangswege genehmigt. (Nach der Eingemeindung von Durlach wurde 1938 die Pfinzstraße in Acherstraße umbenannt.) Wegen des Ersten Weltkrieges wurden diese Straßen aber erst 1920 gebaut. Weitere Straßen fo!gten 1922 und 1923. Alle Straßen tragen die Namen von badischen Flüssen oder von Bergen des Schwarzwaldes.

Im Januar 1922 wurde die "Gemeinnützige Siedlungsgenossenschaft vertriebener Elsaß- Lothringer" gegründet. Schon im Mai desselben Jahres fing die Genossenschaft zu bauen an, und im November 1923 wurden die ersten 36 Wohnungen an der Neckarstraße bezogen. Bis 1927 wurde in zwei weiteren Bauabschnitten der sogenannte "Elsässerblock" mit insgesamt 92 Wohnungen in 18 Häusern vollendet . Architekt war der Elsässer Julius Frommholz. Da die Wohnungen teilweise keine Bäder hatten, richtete man in einem Untergeschoss der Mainstraße vier Badezellen für Mieter ein. Die gesamte Bautätigkeit wurde von der Stadt Karlsruhe und dem Land Baden durch großzügige Darlehen gefördert. Die Mieten lagen für Dreizimmerwohnungen zwischen 50 und 58 Mark und für \7ierzimmerwohnungen zwischen 56 und 68 Mark. Das erschien damals teuer, war aber doch billiger als die sonstigen Neubaumieten jener Zeit. 1934 änderte die Genossenschaft ihren Namen in "Gemeinnützige Siedlungsgenossenschaft Weiherfeld". 1940 fusionierte man auf staatlichen Druck hin mit dem Mieter- und Bauverein Karlsruhe.

Inzwischen hatte auch die private Bautätigkeit im Weiherfe!d eingesetzt. Die Eisenbahnverwaltung verkaufte einen großen Teil ihrer bereits parzellierten Baugrundstücke Privatleute, vor allem an Eisenbahnbedienstete. Die frühere "Terrain- und Baugesellschaft Südende" löste sich nach Verkauf der Grundstücke auf. Dabei kam es auch zu Spekulationskäufen und -verkäufen. Nachdem die Bautätigkeit zwischen 1930 und 1934 ins Stocken geraten war, setzte sie 1935 wieder ein. Um übertriebene Preisforderungen zu verhindern, setzte 1939 der Polizeipräsident, auf Antrag des Oberbürgermeisters Richtpreise fest. Sie betrugen für Straßen mit dreistöckiger Bebauung und für die Straße Links der Alb 8 RM, für die Wehrastraße und einem Teil der Straße Links der Alb 6.50 RM, für die Donaustraße nur 4 RM und für alles übrige 6 RM pro Quadratmeter.

Das Wohngebiet Dammerstock hat eine völlig andere Entstehungsgeschichte. Bereits 1907 sollte das Gelände zur Bebauung als Industriegebiet mit Gleisanschluss freigegeben werden. Die Planung kam bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges nicht voran, da zunächst der Ausbau der Ettlinger Allee und die Probleme der Bahnunterführungen in der Nähe des neuen Hauptbahnhofs im Vordergrund standen, Der Entwurf eines Baufluchtenplans von Professor Laenger aus dem Jahre 1919 wurde zurückgestellt, da man für die Art der Bebauung keine Klarheit gewinnen konnte. Schließlich wurde 1925 unter dem Eindruck von Wohnungsnot und Arbeitslosigkeit mit denn Bau der Kanalisation begonnen und eine baldige Festlegung von Baufluchten gefordert.

1926 legte dann der Baubürgermeister Dipl. Ing. Hermann Schneider einen Bebauungs- und Flächennutzungsplan vor. 1928 ließ er einen Wettbewerb über die Bebauung des stadteigenen südlichen Teil des Dammerstock-Geländes ausschreiben mit dein Ziel, es "bis Mitte des Jahres 1929 mit Baublöcken zu bebauen, die eine Art Mustersiedlung darstellen und das Problem der Volkswohnung auf Grund der neuesten Erfahrungen und Gesichtspunkte zu fördern geeignet sind. Es handelt sich um Wohnungen, die eine Familie von 6 Köpfen (Eltern, 2 Knaben, 2 Mädchen) fassen können und die unter äußerster Nutzung des Raumes je nacht Größe und Ausstattung doch nicht mehr Miete erfordern als 50 RM (gehobener Arbeiter) bis höchstens 100 RM (mittlerer Beamter, Kleinbürger)."

Zu dem Wettbewerb wurden außer den ortsansässigen Architekten so bekannte Persönlichkeiten wie Walter Gropius, Berlin, Otto Haesler, Celle, Riphahn und Groth, Köln und einige andere eingeladen. Auch das Preisgericht entsprach mit Architekten wie Ernst May,. Frankfurt, Mies van der Rohe, Berlin und Paul Schnitthenner, Stuttgart, der weit über die örtlichen Verhältnisse hinausreichenden Bedeutung der Ausschreibung.

Von 43 eingereichten Arbeiten erhielten Gropius den ersten, Haesler den zweiten Preis; vier dritte Preise wurden Riphahn und Grod sowie den Karlsruher Architekten Lochstampfer, Karl Fritz und Detlef Rösiger zuerkannt. Professor Gropius, dessen klarer Bebauungsplan zum Leitbild für die Bebauung bestimmt wurde, erhielt die künstlerische Oberleitung für den ersten Bauabschnitt und hatte die Tätigkeiten der daran beteiligten Architekten zu koordinieren. Durch den Wunsch von Haesler, bei den Flachbauten gleiche Gebäudeabstände einzuhalten, entstand die für den Dammerstock charakteristische Anordnung der Reihenhäuser mit einem in der Mitte dazwischen liegenden Wohnweg.

Als Bauherren für den erstem Bauabschnitt konnten die Karlsruher Baugenossenschaften "Hadtwaldsiedlung" und "Volkswohnung" und die Berliner "Heimat" gewonnen werden. Nach einer bemerkenswert kurzen Bauzeit von teilweise nur 6 Monaten fand im September 1929 die Eröffnung der Ausstellung "Die Gebrauchswohnung" statt. Von den 228 neugebauten Wohnungen wurden 30 mit vollständiger Einrichtung gezeigt, die Möblierung der Musterwohnungen war vom den beteiligten Architekten entworfen worden. Die berühmte "Dammerstockküche" wurde erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.

Da alle Wohnungen gleich gut belichtet sein sollten, ergab sicht die Stellung der Hauszeilen in Nord-Süd-Richtung, wobei ein Abstand von zwei- bis zweieinhalbfacher Gebäudehöhe auch den Erdgeschossräumen volle Besonnung garantiert. Bei den Geschossbauten wurden die Freiräume zu allgemeinen Grünanlagen ausgestaltet, bei den Reihenhäusern waren es individuelle Kleingärten. Nicht befahrbare Wohnwege, die nur in größerem Abständen an Wohnstraßen angeschlossen sind, ergaben das sparsamste und zugleich verkehrsberuhigste Prinzip einer Erschließung.

Eine weitere Konsequenz dieser Bebauungsform war die Einheitlichkeit der Architektur, bei der das Flachdach die "prismatische Form der Baukörper" (Haesler) unterstreicht und das Satteldach technisch wie funktionell überflüssig geworden ist.

Die Bedeutung der Dammerstock-Siedlung ist vor allem in der Tatsache zu sehnen, dass hier eine innere Einheit geschaffen wurde, die, ausgehend von den realem Bedürfnissen des Menschen, über Wohnungsgrundrisse, Architektur und Bauausführung bis zur städtebaulichen Ordnung des Lebensraumes reicht. Da man Stil und Geist des Dammerstocks schon wenige Jahre später nicht mehr schätzte, entstand die von der Gagfah (Gemeinnützige Aktiengesellschaft für Angestellten-Heimstätten) von 1934 ab im Sperber-. Bussard- und Falkenweg nördlich der Maria-Matheis-Straße und im Gebiet nördlich der Nürnberger Straße angelegte Siedlung in konventioneller Bauweise.

(Nach einem Vortrag von Dr. Heinz Schmitt)